In unregelmäßigen Abständen sortiere ich meine Negative. Heißt vor allem, die Negative wieder in die passende Hülle zu schieben, die zuvor zum Scannen oder für Abzüge herausgenommen wurden und in der Zwischenzeit lose in einer Archivbox lagen.
Gestern fiel mir ein Streifen in die Hände, den ich nicht zuordnen konnte. Er zeigt keine Bilder, sondern nur eine blauviolette Fläche. Doch halt, da ist etwas. Zwar nur ein schmaler Streifen aber immerhin. Das muss ein Rest von dem Film sein, der unmittelbar vor meinem durch die Entwicklungsmaschine gelaufen ist. 

Ein kleines Fenster in eine mir fremde Situation. Zwei junge Frauen, die – danach sieht es aus – gerade fotografiert werden. Die Fotografin ist auch Teil des Bildes. Sie posierten also für eine andere, zweite Kamera, in der vielleicht im Moment dieser Aufnahme auch ein Bild entstand. 
Das ist unbeabsichtigtes Kino. Zugleich ein unangenehmer Voyeurismus.
Das Bildfragment bekommt universellen Charakter. Es wird auf seltsame Art und Weise zeitlos – könnte fast überall zu beinahe jeder Zeit aufgenommen worden sein.
Wenn es, zumindest bei manchen Entwicklungsmaschinen, üblich ist, die Filme aneinanderzukleben, wer hat denn dann meine, vielleicht ebenso rätselhaft erscheinenden Filmenden?

Die Filme sind damit auf eine gewisse (unbekannte) Weise miteinander verbunden. Eine lange Bilderkette, sodass der Film wieder seiner ursprünglichen Form, dem Kino, näher ist als seiner zweckentfremdeten, der Fotografie.
[Der Film als Bilderstrecke, die entweder mit einer Bildfrequenz von 1/16 Sekunde gezeigt unbetrachtbar wird oder so überhaupt Sinn ergibt.]  Eine Bolex als Fotokamera
 An die Stellen der Verklebung kam keine Entwicklerflüssigkeit. Sie sind tot, denn nun längst belichtet und damit jeder motivischen Bildinformation beraubt. Aber natürlich zeigen sie etwas. Eine bräunliche Farbfläche, die aus unzähligen am Latentbildkeim angelagerten Silberatomen besteht. Würde der Klebestreifen entfernt und dieser Bereich nochmals entwickelt, würde nicht mehr als eine weiße Fläche sichtbar werden.




Wem gehören Bilder? Dem, der sie aufgenommen hat? Den auf ihnen abgebildeten? Oder dem, der das Positiv oder Negativ besitzt? 

Immerhin habe ich die Entwicklung meines Filmes rechtmäßig erworben – und damit auch diesen schmalen Streifen.